Klimaschutzplan 2050
Der Klimawandel ist real
Klimaschutzplan 2050
Die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (Rio 1992)
Am 9. Mai 1992 haben die Vereinten Nationen in New York die Klimarahmenkonvention (UNFCCC) verabschiedet. Sie wurde einen Monat später, am 12. Juni 1992, auf dem Earth Summit (UNCED) in Rio de Janeiro von den UN-Mitgliedstaaten unterzeichnet. Deutschland hat sich wie die anderen Nationen daraufhin im April 1995 auf der ersten UN-Klimakonferenz (COP1)1 in Berlin dazu bekannt, das Ausmaß der anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen in allen wichtigen Lebensbereichen einzudämmen. In all diesen Bereichen, namentlich Energie, Verkehr, Industrie, Land- und Forstwirtschaft sowie Abfallwirtschaft, soll eine nachhaltige Bewirtschaftung gefördert werden. Jede Nation hat mit ihrer Unterschrift zugesagt, ihren Beitrag zur Anpassung an die Auswirkungen des globalen Klimawandels und damit zur Umsetzung der Klimarahmenkonvention zu leisten.

Das Kyoto-Protokoll (1997)
Um die nachhaltige Entwicklung in Gang zu bringen, haben sich die Vertragsstaaten auf der dritten UN-Klimakonferenz (COP3) in Kyoto 1997 darauf geeinigt, dass sie nationale Programme erarbeiten wollen, in denen Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels und zu einer angemessenen Anpassung an den Klimawandel auf nationaler Ebene formuliert werden. Darüber hinaus haben sie sich völkerrechtlich verbindlich verpflichtet, in regelmäßigen Abständen, alle zwei Jahre, ihre Emissionen von Treibhausgasen in transparenter und nachprüfbarer Weise zu melden und quantitative Ziele in entsprechenden Zeiträumen vorzugeben, die sie zu deren Minderung anstreben. Das ist das oft zitierte Kyoto-Protokoll.
Das Nationale Klimaschutzprogramm (2000 und 2005)
Im Jahr 2000 verabschiedete die Bundesregierung daraufhin ihr Nationales Klimaschutzprogramm. Darin hat sie ihre Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen festgeschrieben; dieses Klimaschutzprogramm wurde 2005 in einer weiterführenden Fassung spezifiziert.


Das Übereinkommen von Paris (2015) und das Zwei-Grad-Ziel
Inzwischen sind die Anzeichen des globalen Klimawandels unübersehbar. Darum haben sich die Vertragsstaaten auf der 21. UN-Klimakonferenz (COP21) 2015 im sogenannten Übereinkommen von Paris darauf verständigt, dass sie die globale Erwärmung auf merklich unter 2 Grad eindämmen wollen – wenn und wo möglich auf unter 1,5 Grad. Jede Nation will nunmehr ihre Ziele zur Durchführung der Klimarahmenkonvention im Geiste des Kyoto-Protokolls konkret benennen. Auf diese Weise wurde, wenn auch nach zähem Ringen, gemeinschaftlich das sog. Zwei-Grad-Ziel als Vorgabe völkerrechtlich verbindlich festgeschrieben. Die Presse spricht vom „Weltklimavertrag“.
Der Klimaschutzplan 2050 (2016)
Die Bundesrepublik hatte eigentlich schon 2015 in Paris ihre klimaschutzpolitischen Grundsätze und Ziele in Form des Klimaschutzplan 2050 vorlegen wollen, um ihre Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel zu demonstrieren. Die Bundesregierung präsentierte ihren Entwurf dazu im Sommer 2016. Sie konnte ihn nach merklichem Schleifen offenbar allzu ehrgeizig formulierter einzelner Ziele noch kurz vor der 22. UN-Klimakonferenz (COP22) in Marrakesch 2016 verabschieden. (Eine 2. Auflage des Plans mit formalen, ohne inhaltliche Änderungen erschien im Februar 2019.)
Der Klimaschutzplan 2050 sieht Deutschland in einer Vorreiterrolle für die Industrienationen und schreibt das bereits 2010 formulierte Ziel einer Reduzierung der Emission von Treibhausgasen um mindestens 55 % gegenüber 1990 fest. Er benennt dazu mehrere Handlungsfelder. Der Klimaschutz in der Landwirtschaft sowie in der Landnutzung und Forstwirtschaft sind zwei davon. Die anderen sind Energiewirtschaft, Gebäudearchitektur, Verkehr, Industrie und übergreifende Ziele und Maßnahmen.
Die Bundesregierung sieht in der Forschung und Entwicklung einen Treiber für den innovativen Klimaschutz. Maßnahmenprogramme sollen sicherstellen, dass die gesetzten Ziele erreicht werden. Dazu findet ein wissenschaftlicher Begleitprozess statt, der den laufenden Fortschritt analysiert und Handlungsempfehlungen gibt, wie der Klimaschutzplan alle fünf Jahre im Rhythmus der Überprüfung der Beiträge zum Übereinkommen von Paris fortgeschrieben werden kann. Parallel dazu wird auch ein gesellschaftlicher Diskurs angeregt, denn die Bundesregierung sieht sich mit der öffentlichen Verwaltung gegenüber den Bürgern und der Gesellschaft hier selbst in einer Vorbildfunktion.


„Nationale Klimaschutzmaßnahmen“ in der Europäischen Union
Während die USA im Vorfeld der 23. UN-Klimakonferenz (COP23) in Bonn 2017 ihren Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll erklärten, beschreiten die Mitgliedstaaten in der Europäischen Union (EU) einen eigenen Weg. Um dem Spektrum von Industrie- und Agrarstaaten, „Erster“ und „Dritter Welt“, gerecht zu werden, war 1997 in Kyoto (COP3) vereinbart worden, dass alle Staaten „Nationale Klimaschutzmaßnahmen“ ([Intended] Nationally Determined Contributions – [I]NDC) im Sinne von nationalen Selbstverpflichtungen benennen sollten. Jeder sollte sich Ziele setzen, die er sich im Rahmen seiner Möglichkeiten selbst zutraut. Dahinter steht die Absicht, die Industrieländer als Hauptverursacher des anthropogenen Klimawandels stärker in die Pflicht zu nehmen als Schwellenländer oder die sog. Entwicklungsländer. Jeweils mit der Unterzeichnung des Übereinkommen von Paris durch einen Mitgliedstaat wandeln sich automatisch dessen „INDC“ in „NDC“, also zugesagte in verbindliche Beiträge.
Um der Formulierung einzelner „nationaler“ Zusagen und Maßnahmen zu entgehen, haben sich die Mitgliedstaaten der EU im Vorfeld der 21. UN-Klimakonferenz (COP21) in Paris zusammengeschlossen und den Vereinten Nationen am 6. März 2015, seinerzeit unter dem Vorsitz Lettlands, ein (1) gemeinsames INDC-Paket im Namen der EU und ihrer 28 Mitgliedstaaten vorgelegt. Darin verpflichten sie sich zu einer Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen von 2021 bis 2030 um mindestens 40 % gegenüber dem Stand von 1990, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Das Paket sieht Maßnahmen in den Sektoren Energie, Industrie, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft sowie Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft vor. Die Landwirtschaft im engeren Sinne umfasst die Bereiche Tierhaltung mit den Themen Verdauung und Entmistung, Pflanzenbau mit der Reiskultivierung und den Bereich Boden mit den Themen Ackerböden, Backburning (Gegenfeuer), Abbrennen von Ernterückständen, Kalkung, Harnstoffdüngung und kohlenstoffhaltigem Dünger. Es wird schnell offenbar, dass dies nur der verpflichtende Rahmen sein kann und dass Deutschland als EU-Mitglied darüber hinaus seine eigenen Ziele gemäß dem Klimaschutzplan 2050 verfolgen müssen wird.
Inzwischen hat die EU unter der deutschen Ratspräsidentschaft im Dezember 2020 das Reduktionsziel der Selbstverpflichtung (NDC) von 40 % auf 55 % im genannten Zeitraum von 2021 bis 2030 erhöht.
Klimaschutzprogramm 2030 (2019)
Im September 2019 verabschiedete das im Frühjahr eingesetzte Klimakabinett der Bundesregierung ein neu formuliertes „Klimaschutzprogramm 2030“. Darin wird einmal mehr zum Ausdruck gebracht, dass auch der Sektor Land- und Forstwirtschaft in Deutschland seinen Beitrag zur Minderung der Emission von Treibhausgasen (THG) leisten und mit dem folgenden „Maßnahmen-Mix klimafreundlicher werden“ muss:
- weniger Stickstoffüberschüsse
- mehr Ökolandbau
- weniger Emissionen in der Tierhaltung
- Erhalt und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder
- weniger Lebensmittelabfälle
Klimaschutzgesetz (2019/2021)
Als erste Bundesländer haben Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg 2013 ein Klimaschutzgesetz erlassen. Im Koalitionsvertrag der seit dem März 2018 amtierenden Bundesregierung wurde nunmehr auch die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes auf Bundesebene vereinbart: das „Gesetz zur Einhaltung der Klimaziele 2030“. Es sollte 2019 beschlossen werden. Seit Februar 2019 lag der Bundesregierung dazu ein Referentenentwurf aus dem Bundesumweltministerium (BMU) vor, den diese in überarbeiteter, also weichgespülter Form, im Oktober dem Bundestag zur Entscheidung zuleitete. Der Gesetzentwurf wurde mit drei formal-inhaltlichen Ergänzungen und neuen Schreibfehlern am 15. November unter Protest der Opposition mit den Stimmen der Regierungskoalition im Bundestag beschlossen. Das Gesetz passierte am 29. November den Bundesrat und trat am 18. Dezember in Kraft: siehe Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG). Wie sich die dort formulierten Reduktionsziele für die Treibhausgasemissionen bis 2030 darstellen und auf die Sektoren Energie, Industrie, Gebäude/Maschinen, Transport und Verkehr, Landwirtschaft (ohne Forstwirtschaft und andere Landnutzung), Abfall verteilen, haben wir in unserem Beitrag „Der lange Weg zu den Klimazielen“ im internen Bereich der Website analysiert.
Am 24. März 2021 schließlich stellte das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil seines Ersten Senates fest, dass das Gesetz von 2019 unzureichend sei, da es keinerlei konkrete Ziele zur Minderung der Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 enthalte (BVerfG-Urteil – 1 BvR 2656/18 – , Rn. 1-270). Im KSG heißt es diesbezüglich lediglich, dass die Bundesregierung weitere jährlich absinkende Emissionsmengen im Jahr 2025 durch Rechtsverordnung festlegt (§ 4 Abs. 6 KSG). Dies ist nach dem Urteil mit dem Grundgesetz (Artikel 2 und 20a GG) nicht vereinbar, und deshalb muss nunmehr bis zum Ende des Jahres 2022 eine solche Festlegung erfolgt sein.
Anlässlich dieses Urteils des Bundesverfassungsgerichtes hat das Bundesumweltministerium (BMU) Anfang Mai 2021 einen Entwurf zur Novellierung des Klimaschutzgesetzes (KSG) mit (nicht vom Gericht geforderten) erhöhten Reduktionszielen bis 2030 und nun erstmals mit Zielen für die Reduktion in den Jahren 2031–2040 einschließlich einer groben Verteilung auf die einzelnen Sektoren verfasst und – diesmal schon im Vorfeld weichgespült, indem die bisher stets lineare Entwicklung nach 2030 hin gestaucht und die bereits unterdurchschnittliche „Verschärfung“ für den Sektor Landwirtschaft bis 2030 noch ein wenig mehr zurückgenommen und die Verteilung auf die Sektoren nach 2030 wieder entfernt wurde, – als Referentenentwurf am 11. Mai der Bundesregierung vorgelegt, welche ihn einen Tag später in der Sache unverändert als Gesetzentwurf in den Bundestag einbrachte. Am 28. Mai hatte der Bundesrat den eingereichten Entwurf bereits als unzureichend gerügt und Nachbesserungen eingefordert. Der Bundestag hat am 24. Juni jedoch den Entwurf „mit beigefügten Maßgaben, im übrigen unverändert angenommen“ und der Bundesrat am Tag darauf auf weitere Forderungen verzichtet. Das so verabschiedete Gesetz wurde schließlich am 18. August erlassen und trat am 31. August 2021 in Kraft.
Neben der Anhebung des Gesamtreduktionsziels von 56,5 % auf 65 % im Jahr 2030 und der pauschalen, nicht spezifizierten Vorgabe einer Reduktion um 88 % bis zum Jahr 2040 enthält das Bundes-Klimaschutzgesetz 2021 jetzt auch die Forderung eines „Beitrag[s] des Sektors Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft“ (LULUCF) in einem neu hinzugefügten Paragraphen (§ 3a). Danach soll dieser Sektor, der in Deutschland, wie in der EU, im Saldo eine Kohlenstoffsenke darstellt, diesen Senkenbeitrag bis 2040 mehr als verdoppeln. In der Gesamtbilanz und im Gesamtbudget der Reduktionsziele wird der Sektor LULUCF aber nach wie vor nicht erfasst (Anlage 2 und 3 KSG). Gemäß der LULUCF-Verordnung der EU von 2018 dürfte er auch in einem solchen Maße nicht zur Aufrechnung der Treibhausgasemissionen herangezogen werden, dieser Wert wird dort für alle EU-Mitgliedstaaten individuell begrenzt.

Ein Europäisches Klimagesetz
Im Rahmen des Europäischen Grünen Deals brachte die Europäische Kommission zur Umsetzung des dort formulierten Zieles, Europa bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen, am 4. März 2020 im Europäischen Parlament und im Rat der Europäischen Union den Vorschlag für ein Europäisches Klimagesetz ein. Mit diesem Entwurf war für 2030 die Zielvorgabe verbunden, daß nunmehr alle Mitgliedstaaten der EU die Emission von Treibhausgasen (THG) um mindestens 50 % gegenüber 1990 senken sollten. Mit einem ergänzenden Vorschlag am 17. September wurde dieser Wert dann auf „mehr als 55 %“ hinaufgesetzt. Dazu hatte sich Deutschland ja bereits 2015 in Paris verpflichtet. Den Empfehlungen des IPCC-Sonderberichts „1,5 °C globale Erwärmung“ folgend schlug die Kommission vor, auch Zielvorgaben für den Zeitraum 2030–2050 fest zu verankern. Am 7. Oktober verabschiedete das Europäische Parlament schließlich sogar die Prüfung einer Erhöhung des Reduktionszwischenziels auf 60 % und reichte den Entwurf so an den Rat durch. Im Zuge dieser Entwicklung wurde das 2015 bei den Vereinten Nationen im Rahmen der „Nationalen Klimaschutzmaßnahmen“ (NDC) für die EU eingereichte Reduktionsziel am 17. Dezember 2020 von 40 % auf 55 % heraufgesetzt und am 30. Juni 2021 als verbindliche Mindestvorgabe für die Senkung der Netto-Treibhausgasemissionen (nach Anrechnung von Kohlenstoffsenken bis zu einer Höhe von 225 Mt CO2eq) bis 2030 nunmehr im „Europäischen Klimagesetz“ verankert.
- COP steht für Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties) der Vereinten Nationen, hier im Speziellen für UN-Klimakonferenz.[↩]